Arbeiten von zu Hause – Welcher Home-Office-Typ sind Sie?
New Work Experte Steelcase identifiziert fünf Home-Office-Typen, beleuchtet Erwartungen und Herausforderungen sowie das Arbeitsmodell der Zukunft.
München, 30.03.2021 / Anders als viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im letzten Frühjahr angenommen haben, ist die Arbeit in den eigenen vier Wänden nach wie vor das Gebot der Stunde. Doch nicht alle Menschen sind damit zufrieden, hat doch jeder andere Vorraussetzungen und Bedüfnisse. In Anbetracht von Home-Schooling, geschlossenen Kitas oder Isolationsgefühl erleben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Situation oft völlig unterschiedlich.
In verschiedenen Studien hat Arbeitsraum- und New-Work-Experte Steelcase im vergangenen Jahr über 32.000 Personen zu ihrer Stimmungslage befragt. Mehr als jede(r) Dritte (38 Prozent) empfindet beispielsweise ein zunehmendes Isolationsgefühl bei der Arbeit von zu Hause und 23 Prozent berichten, dass Entscheidungen langsamer getroffen wurden als zuvor. Auch Engagement und Produktivität leiden oftmals (19 Prozent). Aber 37 Prozent gaben auch an, dass sich ihre Work-Life-Balance verbessert hat und rund ein Drittel (27 Prozent) schätzen die gestiegene Flexibilität. Aus diesen Ergebnissen hat das WorkSpaceFuture Team von Steelcase fünf verschiedene Verhaltensmuster von Arbeitnehmenden identifiziert:
Typ 1: Der/Die isolierte Zoom-Nutzer/in
Für isolierte Zoom-Nutzende ist Home-Office eine einsame Angelegenheit, denn diese Person lebt alleine. Ihr steht keine äußere Struktur zur Verfügung, die eine gesunde Zeitplanung für den Arbeitstag erfordern würde. Sie schätzt das Büro, da es Struktur bietet und ihr dabei hilft, eine klare Trennung zwischen Arbeit und Privatleben zu schaffen und gerade der tägliche Weg zwischen Arbeit und Zuhause fungiert als Übergangsphase zwischen Arbeit und Freizeit. Der Tag dieser Person besteht aus einer nicht endenden Reihe an Zoom-Videocalls, aber trotz der permanenten Interaktion fühlt sie sich isoliert. Es fehlen die persönlichen und beruflichen Interaktionen mit den Kolleginnen und Kollegen – das ist auch der wichtigste Grund, weshalb sie wieder ins Büro zurückkehren möchte. Denn die Beziehung zu Kolleginnen und Kollegen und das freundschaftliche Netzwerk in der Arbeit erleichtern dieser Person den Umgang mit Herausforderungen.
Typ 2: Der/Die Autonomie-Suchende
Der/Die Autonomie-Suchende ist begeistert von der derzeitigen Arbeitssituation, denn Home-Office bedeutet Freiheit. Er/Sie fühlt sich zu Hause genauso produktiv wie im Büro und kann jetzt gänzlich in seinem eigenen Rhythmus arbeiten, ohne dass ihm/ihr dabei ständig jemand über die Schulter sieht. Das eigene Wohlbefinden steigt mit der Arbeit von zu Hause, denn er/sie kann in verschiedenen Haltungen an unterschiedlichen Plätzen arbeiten, gesunde Mahlzeiten zubereiten und Aktivitäten in den Arbeitstag einbauen. Autonomie-Suchenden gefällt besonders gut, dass sie den Arbeitstag selbstbestimmt gestaltet können, der sowohl private Dinge und als auch Arbeitsbelange berücksichtigt.
Typ 3: Der/Die frustrierte, kreative Netzwerker/in
Diese Person hat gemischte Gefühle in Bezug auf die Arbeit von zu Hause: Für die frustrierten, kreativen Netzwerkenden kommen sowohl das Privatleben als auch die Arbeit zu kurz. Einerseits sehnt sich diese Person nach den Vorzügen des Büro-Alltags, ist sich andererseits aber unsicher zurückzukehren. Sie ist sehr schnell gut mit den digitalen Tools zurechtgekommen, empfindet virtuelle Technologien aber nicht wirklich geeignet für kreative Zusammenarbeit und spontane Interaktionen. Die Pandemie ist für sie eine immense Herausforderung. Sie fühlt sich abgeschnitten – die persönlichen Interaktionen, die ihre Arbeit voranbringen und neue Impulse liefern, fehlen einfach zu sehr.
Typ 4: Der/Die überarbeitete Betreuer/in
Der/Die überarbeitete Betreuer/in ist im Home-Office permanenten widersprüchlichen Anforderungen ausgesetzt. Diese Person schafft es kaum, den Arbeitsaufgaben und den familiären Anforderungen gerecht zu werden. Ihr vollgepackter Tag besteht aus Meetings, dem Abarbeiten von Aufgaben, Kinderbetreuung und/oder Homeschooling sowie dem Haushalt. Häufig muss diese Person alleine oder mit dem/der Partner/in im Schichtbetrieb einerseits der elterlichen Verantwortung nachkommen und andererseits die Erwartungen als Mitarbeitende/r erfüllen. Erschöpfung und Schuldgefühle sind an der Tagesordnung. Dieser Person fehlt das Büro vor allem, weil sie dort ihre häusliche Verantwortung hinter sich lassen und ihre Aufmerksamkeit gezielt auf ihre Arbeitsaufgaben lenken kann. Dennoch gefällt diesem Charakter die Flexibilität, die das Home Office bietet, da sich Familie und Arbeit so besser organisieren lassen.
Typ 5: Der/Die erleichterte Selbstschützer/in
Covid-19 bereitet dem/der Selbstschützer/in große Sorgen, wodurch nur die Arbeit von zu Hause aus wirkliche Sicherheit vermittelt. Er/Sie ist ängstlich, möchte sich und seine Mitmenschen bestmöglich schützen und empfindet die Arbeit von zu Hause aus im Lockdown daher als Segen. Durch den Wegfall des Arbeitsweges und den verminderten Kontakten ist die Person weniger angespannt, wodurch auch die Produktivität steigt. Zudem kann sich diese Persona in sicherer Umgebung und an einem Ort, an dem sie sich wohlfühlt, darauf konzentrieren, seine/ihre Aufgaben zu erledigen, anstatt sich mit zwischenmenschlichen Begegnungen einem Risiko aussetzen zu müssen.
Home-Office als alleiniges Arbeitsmodell der Zukunft? Die Mehrheit wünscht sich hybriden Ansatz
Aus den Studien-Ergebnissen sowie den abgeleiteten fünf Personengruppen lässt sich festhalten, dass die große Mehrheit ein vollständiges Home-Office-Modell ablehnt. Rund die Hälfte der befragten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind mit der derzeitigen Situation unzufrieden.
„Die etwas überspitzt dargestellten Personas zeigen, welche unterschiedlichen Bedürfnisse Menschen im Home-Office entwickeln und welchen vielschichtigen Herausforderungen Unternehmen dadurch ausgesetzt sind. Dabei ist nicht auszuschließen, dass ein und dieselbe Person sich an verschiedenen Tagen in anderen Verhaltensmustern widerfindet. Erfahrungen, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Home-Office gesammelt haben, beeinflussen, welche Arbeitsumgebungen und -voraussetzungens sie sich für die Zukunft wünschen oder verstärken Anforderungen, die bereits vor der Pandemie eine Rolle spielten“, so Dr. Dewi Schönbeck, Workplace Design & Consulting Director EMEA bei Steelcase.
Unternehmen können diese Zeit des Umbruchs als Chance nutzen, um zu erkennen, was Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an der Arbeit von zu Hause geschätzt aber auch am Büroalltag vermisst haben. Über 98 Prozent (Deutschland) wünschen sich eine zumindest zeitweise Rückkehr ins Büro, sehen also im hybriden Modell von Präsenzarbeitszeit und Home-Office die Lösung für die Zukunft. Dabei geht es häufig um flexiblere Arbeitsrahmenbedingungen und der besseren Vereinbarkeit von Privatleben und Beruf. Aber auch das Sicherheitsgefühl und die Wohlfühlathmosphäre, die sich positiv im Home-Office bemerkbar gemacht haben, sollten künftig von Unternehmen beachtet werden. Neue Designkonzepte und Raumlösungen sowie aktuelle technische Standards und Remote-Arbeitsplätze sind dabei ein entscheidender Ansatz.
Die globalen Daten zeigen auch, dass sich die Wünsche der Arbeitnehmenden mit den Vorstellungen der Unternehmen decken: Nur fünf Prozent der weltweit befragten Unternehmen möchte ganz zum Home-Office übergehen, in Deutschland sind es sogar nur zwei Prozent. Die große Mehrheit, 72 Prozent, sieht im hybriden Ansatz mit einer Mischung aus Home-Office und Büro den richtigen Ansatz und denkt auch über die Einrichtung sogenannter Satellitenarbeitsplätze oder Co-Working Spaces nach. Auch die Mehrheit der deutschen Unternehmen (53 Prozent) sieht im hybriden Modell die Zukunft der Arbeit.
In den nächsten Wochen veröffentlicht Steelcase weitere Erkenntnisse zu den Bedürfnissen und Wünschen der Angestellten sowie zu den vier großen Makroverschiebungen am Arbeitsplatz und den entsprechenden neuen Prinzipien beim Office Design.
Über die Untersuchungen
Seit Beginn der Pandemie führt Steelcase fortlaufend Studien und Untersuchungen durch, die Unternehmen dabei helfen sollen zu verstehen, wie sich ihre Belegschaft gerade fühlt und welche Auswirkungen auf das Unternehmen dies zur Folge hat. Die Steelcase-Daten beinhalten Erkenntnisse aus acht qualitativen und quantitativen Primärstudien. Diese wurden mit dem Ziel gestartet, herauszufinden, wie die Covid-19-Pandemie die Arbeit, die Angestellten und den Arbeitsplatz beeinflusst. Diese sozialwissenschaftlichen Untersuchungen wurden in 10 Ländern durchgeführt. Mehr als 32.000 Menschen weltweit nahmen daran teil.