Dieser Artikel ist Teil unserer Steelcase 360° Reihe Distanzen überwinden über Remote Work.
Von Jill Dark, Steelcase Director of Learning, Leadership and Talent Transformation
Lassen Sie den Hund bellen, das Kind herumspringen und geben Sie ruhig zu, dass Sie im Keller sind, weil der Ehepartner die Küche besetzt hat. Es erfordert ein wenig Mut, zu den neuen Rahmenbedingungen zu stehen.
Vor ein paar Tagen war ich gerade im Video Call mit unserem CEO, als mein Hund wie verrückt zu bellen anfing. Unter normalen Umständen wäre mir das äußerst unangenehm gewesen. Aber da wir beide gerade von zu Hause arbeiten, bot sich ihm einfach ein weiterer Einblick in mein Leben (als Hundeliebhaberin).
Wir wissen seit langem, dass Authentizität für das emotionale Wohlbefinden am Arbeitsplatz eine wichtige Rolle spielt. Es ist wichtig, dass wir unsere Persönlichkeit ausdrücken können und die Freiheit haben, uns sowohl in der Arbeit als auch in der Freizeit so zu geben, wie wir eben sind. Aber im Büro versuchen die meisten von uns dennoch sich von ihrer besten Seite zu zeigen. Aus diesem Grund machen wir uns schick, wenn wir in die Arbeit gehen. Und wir machen uns lustig über seltsame Ausdrücke, die im Unternehmen verwendet werden, hören aber trotzdem nicht damit auf, diese selbst zu verwenden. Und aus diesem Grund machen wir uns Gedanken darüber, welche Personen wir in unserer Email auf Kopie nehmen. Wir möchten, dass man uns auf eine bestimmte Art und Weise wahrnimmt.
Zur Zeit läuft alles anders: Telefonkonferenzen finden mit Baby auf dem Arm statt, der Partner eines Teammitglieds läuft beim Video Call durchs Bild und wir erhaschen einen Blick auf die Wohn- oder Kinderzimmer unserer Kollegen. Das ist die neue Realität und sie bietet uns viele neue spannende Erlebnisse.
Wir wissen, dass das menschliche Verhalten davon geprägt ist, woran wir glauben, und dass das, was wir glauben, ein Ergebnis der Erfahrungen ist, die wir im Laufe unseres Lebens gemacht haben. Für viele Menschen fällt momentan ihr gesamtes Glaubenskonstrukt in sich zusammen. Wir sollten dafür Verständnis zeigen und diesen Kollegen Zeit geben, sich anzupassen. Denn es ist eine Sache, den Arbeitsmodus zu ändern. Aber feste Überzeugungen zu ändern, hat eine ganz andere Dimension.
Wie können wir hierbei unterstützen? Im Rahmen meiner Tätigkeit habe ich mit vielen Menschen auf der ganzen Welt zu tun. Die Wand meines Arbeitszimmers ist inzwischen bedeckt mit Haftnotizen, denn ich habe gut zugehört und fleißig notiert, wie die Pandemie das Leben der Menschen gerade beeinflusst. Und langsam zeichnen sich Muster ab.
Momentan (und dies kann sich natürlich im Laufe der Zeit ändern) kann ich drei Makrophasen von Reaktionen auf die COVID-19-Pandemie erkennen, die dazu führen, dass es bei der Arbeit menschlicher zugeht:
Große Einschnitte
In Zeiten großer Umwälzungen und Veränderungen erkennen die Menschen sehr schnell, dass die Systeme und Glaubenssätze, die sie verinnerlicht hatten, nicht mehr funktionieren. Es ist nicht möglich, ein makelloses, professionelles Auftreten zu bieten, wenn man einen Video Call am Klapptisch im Keller entgegennimmt. Es ist schwierig, den Fünfjährigen zu ignorieren, der während der Videokonferenz beim Kollegen im Hintergrund herumhüpft. Diese Veränderungen zeigen unsere schöne, unperfekte, menschliche Seite. Sie geben uns die einzigartige Möglichkeit, uns nicht mehr zu verstecken. Wir erhalten plötzlich viele private Einblicke in das Leben unserer Kollegen.
Experimente
Die Veränderungen, mit denen wir momentan umgehen müssen, erfordern unsere Phantasie. Experimentieren und Austesten führt zu neuen Erlebnissen und neuen Überzeugungen. So wie man gezwungen ist, einen anderen Weg zu nehmen, wenn die geplante Strecke von einer Baustelle blockiert wird, so versuchen auch wir momentan den besten Weg für uns zu finden. Anfangs geht es oft nur übers Ausprobieren (Trial and Error). In diesem Stadium ist es wichtig, sich offen zu geben, zuzulassen, dass die anderen die private Seite und „das wahre Ich“ kennenlernen. Lassen Sie den Hund bellen, das Kind herumspringen und geben Sie ruhig zu, dass Sie im Keller sind, weil der Ehepartner die Küche besetzt hat. Es erfordert ein wenig Mut, zu den neuen Rahmenbedingungen zu stehen.
Neue Überzeugungen
Bis jetzt hat noch niemand, der von der Pandemie betroffen ist, seine Überzeugungen zur Arbeit komplett umgeworfen. Aber wenn die Krise zu Ende geht – und sie wird zu Ende gehen – werden wir um viele Erfahrungen reicher sein. Und unsere Vorstellungen davon, was Arbeit ausmacht, werden sich geändert haben. Dementsprechend werden wir uns auch anders verhalten – gemäß den neuen Überzeugungen. Dadurch, dass wir jetzt einen Einblick in unser Leben bieten, können wir erreichen, dass wir einander aufgrund unserer sehr menschlichen Gemeinsamkeiten wieder mehr respektieren.
Je nachdem, in welchem Stadium oder welcher Phase sich der Einzelne befindet, sind die Bedürfnisse unterschiedlich. Aber alle drei Phasen haben eins gemeinsam – das Bedürfnis nach emotionalem Wohlbefinden.
In der Krise für sich sorgen
Ich wurde darum gebeten, eine Initiative fürs Wohlbefinden während dieser Krise zu starten. Ich möchte Ihnen unsere Herangehensweise erläutern und Ihnen zeigen, wie wir auf die Menschen zugehen, auch dann, wenn alle zu Hause arbeiten. Ein wichtiger erster Schritt besteht darin, einen Moment zu schaffen, den alle Mitarbeiter im gesamten Unternehmen jeden Tag gemeinsam erleben können. Wir haben Folgendes eingeführt:
- Ein tägliches Ritual schaffen. Wir haben eine kurze, einfache Morgenmeditation eingeführt, die live übertragen wird, aber auch als Aufzeichnung zur Verfügung steht.
- Die Führungskräfte einbinden. Unser tägliches Ritual findet Zustimmung bei allen Führungskräften, bis hin zum CEO. Die Mitarbeiter sind momentan gezwungen, ihr Verhalten anzupassen. Aber eine Veränderung des eigenen Verhaltens lässt sich viel leichter umsetzen, wenn die Führungsetage mit gutem Beispiel vorangeht.
- Sich authentisch zeigen. Ich nehme jeden Tag um 7:30 Uhr über den morgendlichen Livestream an der Meditation teil, bevor ich mit der Arbeit beginne. Ich sitze im Dunkeln in meiner Küche. Wenn man mich dabei sehen könnte, würde ich sicher dafür sorgen, dass ich ganz anders aussehe. Aber es war unser Ziel, dass jeder teilnimmt, so wie er oder sie gerade ist.
- Anonymität ermöglichen. Für einige Menschen, insbesondere aus bestimmten Kulturen, kann eine Videoübertragung zusätzlichen Stress bedeuten und dazu führen, dass sie sich wie auf dem Präsentierteller fühlen. Wir haben das Morgenritual deshalb bewusst in Form einer „Push-Strategie“ konzipiert. Wir übertragen das Video live und stellen dann die Aufzeichnung zur Verfügung. Wir möchten nicht, dass ein Ritual, das dazu gedacht ist, für mehr Wohlbefinden zu sorgen, dazu führt, dass sich einige Menschen unwohl fühlen. Deshalb kann jeder anonym teilnehmen – auf die Art, die für die jeweilige Person stimmig ist.
- Weit entfernte Teamkollegen berücksichtigen. Mein früher Morgen ist für meinen Kollegen in Europa der Abend oder für Mitarbeiter in Asien sogar schon der nächste Tag. Wir haben uns zur Videoaufzeichnung entschlossen, damit unsere Teamkollegen auf der ganzen Welt jederzeit teilnehmen können. Es ist unerheblich, um wieviel Uhr man das Ritual vollzieht, wir finden es nur wichtig, dass die Mitarbeiter es in ihren Arbeitstag aufnehmen.
Eine kurze, angeleitete Achtsamkeitsmeditation hilft dabei, sich auf den Tag vorzubereiten, was insbesondere in unsicheren Zeiten hilfreich ist. Die Pandemie, die wir gerade erleben, zwingt uns alle dazu, unseren gewohnten Tagesablauf zu ändern. Und so unterschiedlich die Menschen sind, wenn es darum geht, sich plötzlich offen und authentisch zu zeigen, so unterschiedlich gehen sie auch mit der neuen Situation um. Es werden wohl viele verschiedene Verhaltensweisen und Überzeugungen in dieser Situation entstehen. Aber mit Sicherheit werden auch viele Barrieren und Hemmschwellen abgebaut werden und uns ermöglicht, dass wir bei der Arbeit ganz wir selbst sein können.
Wir schlagen die folgende, für jedermann geeignete Meditation vor:
- Setzen Sie sich an einen Platz, an dem Sie entspannt und stabil sitzen können.
- Achten Sie auf die Position Ihrer Beine. Wenn Sie auf einem Stuhl sitzen, sollten Ihre Fußsohlen auf dem Boden bleiben. Wenn Sie auf einem Kissen oder einer Matte sitzen, können Sie die Beine bequem im Schneidersitz anwinkeln.
- Der Oberkörper sollte gerade, aber nicht steif sein.
- Achten Sie auf Ihre Arme. Ihre Oberarme sollten parallel zum Oberkörper sein. Legen Sie die Handflächen auf Ihre Beine, so, dass es sich für Sie ganz natürlich anfühlt.
- Senken Sie Ihren Blick Richtung Boden. Sie müssen Ihre Augen nicht schließen. Wenn Sie sie offenlassen, versuchen Sie, Ihre Augen auf nichts Bestimmtes zu fokussieren.
- Nehmen sie bewusst wahr, wie der Atem durch Ihre Nase oder Ihren Mund in den Körper fließt und sich Ihr Brustkorb oder Bauch hebt und senkt.
- Es ist ganz normal, wenn Ihre Gedanken abschweifen. Das ist völlig in Ordnung. Wenn Ihr Geist anfängt zu wandern, lenken Sie Ihre Aufmerksamkeit behutsam wieder auf Ihren Atem zurück.
- Anstatt Ihren Geist dazu bewegen zu wollen, etwas Bestimmtes zu tun, beobachten Sie Ihre Gedanken einfach, ohne auf sie zu reagieren. Sitzen Sie einfach nur da und seien Sie aufmerksam. Das ist alles. Lenken Sie Ihren Geist immer wieder zu Ihrem Atem, ganz ohne Wertung.
- Dann heben Sie langsam den Blick (und öffnen die Augen, falls diese geschlossen waren). Nehmen Sie sich einen Moment Zeit, um die Geräusche um sich herum wahrzunehmen und Ihrem Körper, Ihren Gedanken und Gefühlen nachzuspüren.
Quelle (auf Englisch): Mindful
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