Hybrides arbeiten

Raum mit mehr Gestaltungsspielraum

Die Personal- und Betriebsleiterin eines internationalen Unternehmens erzählt, wie sich die Arbeit verändert hat und welche Auswirkungen dies auf den Arbeitsplatz hat.

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Der Übergang zu hybriden Arbeitsformen wirkt sich darauf aus, wie Führungskräfte über den Arbeitsplatz und über die Notwendigkeit des Entstehens von Gemeinschaft im Unternehmen denken. Immer mehr Menschen kommen wieder in ihre Unternehmensbüros. Sie bringen neue Erwartungen mit. Gleichzeitig hat sich einiges an ihrer Arbeitsweise geändert. Diese beiden Aspekte erfordern eine neue Herangehensweise.

Dr. Tracy Brower, Vice President, Workplace Insights bei Steelcase, sprach mit Mariah Robbins, Vice President, Global People and Operations bei A-dec, einem führenden Hersteller von Büromöbeln und Bürozubehör für die Dentalbranche, um zu erfahren, was ihr Unternehmen macht, um seinen Mitarbeitenden ein besseres Arbeitsumfeld zu bieten. Robbins ist Autorin und Doktorin der Philosophie. Sie hat im Bereich Personalbeschaffung und Mitarbeiterbindung gearbeitet sowie an mehreren Projekten zur organisatorischen Weiterentwicklung für Fortune-500-Firmen mitgewirkt.

Dr. Tracy Brower: Wie hat sich Ihre Wahrnehmung vom Arbeitsplatz in den letzten Jahren verändert?

Mariah Robbins: Ich glaube, es fand bereits vor der Pandemie eine Veränderung statt. A-dec führte im Januar 2020 eine große Umstrukturierung durch. Wir stellten schon damals Teams zusammen, die sich spezifisch auf bestimmte Projekte oder Programme konzentrierten. Auch vor der Pandemie machten wir uns Gedanken darüber, wie Teams zusammenkommen, sich die Teammitglieder gegenseitig beeinflussen und miteinander interagieren.

Seit Beginn der Coronapandemie beschäftigen wir uns mehr denn je damit, Systeme und Prozesse zu schaffen, die dazu beitragen, echte Verbindungen und Beziehungen zu kultivieren. Zufällige Gespräche und Begegnungen im Unternehmen sowie Teambesprechungen und Einzelgespräche, die sich früher ganz von selbst ergaben, kommen inzwischen nicht mehr so häufig vor. Deshalb müssen wir uns darüber Gedanken machen, wie wir unsere Teams strukturieren und Mentor- und Entwicklungsprogramme für eine verteilte Belegschaft schaffen. Wir entwickeln Möglichkeiten der Zusammenarbeit, die sich an spezifischen Interessen orientieren, wie z.B. Frauen im Tech-Umfeld und in Führungspositionen oder Angebote für Eltern. Wir wollen damit erreichen, einen vielfältigen Talentpool zu entwickeln, bei dem niemand zu kurz kommt.

Der Campus von A-dec bietet großzügige Grünanlagen. Im Japanischen Garten können die Mitarbeiter*innen sich erholen oder miteinander unterhalten. Das Unternehmen sucht nach weiteren Möglichkeiten, um Sitzgelegenheiten im Freien anzubieten.

TB: Wie haben sich die Erwartungen Ihrer Angestellten verändert?

MR: Externe und Umweltfaktoren führen zu veränderten Erwartungen. Die Mitarbeiter*innen wollen und brauchen Flexibilität. Deshalb konzentrieren wir uns darauf, wie wir Unternehmen, Positionen oder Räume gestalten können, die den Unternehmen der Mitarbeitenden allgemein und den Einzelnen entsprechen. Wir möchten, dass die Menschen zueinanderfinden, während sie die Sachen machen, auf die sie Wert legen. Wir hatten schon immer eine sehr starke Unternehmenskultur und arbeiten wirklich darauf hin, eine Umgebung zu schaffen, in der die Menschen zusammenkommen können. Wir veranstalten ehrenamtliche Aktivitäten und Family Days, um die Bindung der Teammitglieder untereinander zu stärken.

Die Angestellten wünschen sich jetzt mehr Kommunikation und wir nehmen uns die Zeit, ihnen zuzuhören. Sie brauchen und wollen, dass wir ihre Bedürfnisse verstehen. Sie erwarten auch ein überdurchschnittlich gutes Mitarbeitererlebnis — wir waren immer schon stolz auf eine starke Unternehmenskultur und darauf, außergewöhnlich gute Kundenerlebnisse zu bieten. Jetzt arbeiten wir intensiv daran, ein starkes Mitarbeitererlebnis zu schaffen bzw. zuerst einmal herauszufinden, was das bedeutet.

A-dec ist ein führender Hersteller für Büromöbel und -Equipment im Dentalbereich aus Newberg, Oregon.

TB: Wie nutzen Sie Bereiche zur Zusammenarbeit in Ihren Büroräumen, um die Nutzererfahrung für Ihre Angestellten zu verbessern?

MR: Wir versuchen, Arbeitsbereiche zu schaffen, die dem Verhalten, Markenerlebnis und der Kultur entsprechen, die sich die Mitarbeitenden wünschen. Wenn eine unserer Angestellten beispielsweise eine alleinerziehende Mutter mit langem Anfahrtsweg ins Unternehmen ist, finden wir Wege, ihr ein hohes Maß an Flexibilität zu bieten und eine besonders gute virtuelle oder hybride Nutzererfahrung zu schaffen, die dazu beiträgt, dass sich die Mitarbeiterin dem Unternehmen stark verbunden fühlt. Wir erreichen das über die Raumgestaltung.

Wir haben drei verschiedene Arbeitsmodi, die wir unterstützen möchten. Der Erste ist die komplette Fernarbeit mit der Erwartung, dass die Angestellten einmal im Quartal ins Unternehmen kommen. Wir arbeiten immer noch daran, herauszufinden, wie das funktionieren kann. Der zweite Arbeitsmodus betrifft Angestellte in der Fertigung, die vor Ort arbeiten müssen. Und der dritte Arbeitsmodus ist die hybride Arbeit und wir haben festgestellt, dass es große Unterschiede gibt in Bezug darauf, was sich die Menschen hierbei wünschen. Hybrid kann bedeuten, dass die Angestellten sich einen Raum wünschen, den man bei Bedarf nutzen kann und keinen zugeordneten Arbeitsbereich benötigen. Es kann sein, dass sie sich einen Experimentierraum, aber auch einen Bereich zur Zusammenarbeit wünschen. Für hybride Mitarbeitende, die hauptsächlich von zu Hause aus arbeiten, muss klar sein, wie sie einen Arbeitsplatz finden, wenn sie ins Büro kommen. Wir haben auch Angestellte, die sich vor Ort im Unternehmen einen festen Arbeitsplatz oder sogar ein eigenes Büro wünschen.

Das Gewohnte ist überholt – jetzt geht es darum, den richtigen Raum für den jeweiligen Tag und die jeweilige Arbeit zu wählen. Heute ist es wichtiger denn je, die Menschen in eine Umgebung einzuladen, die ihnen auch zusagt.

Und wir sind gerade dabei, dies für unsere Angestellten zu entwickeln. Es gibt noch viel zu tun. Wir konzentrieren uns darauf, die Bedürfnisse und Wünsche der Mitarbeitenden zu verstehen und dann Räume zu schaffen, die ihnen Optionen und Handlungsspielraum geben. Der Wunsch der Angestellten nach Mitspracherecht und Flexibilität treibt uns an.

TB: Wie werden Sie die verschiedenen Arten der Zusammenarbeit unterstützen und mit den neuen Erwartungen in Bezug auf die Zusammenarbeit umgehen?

MR: Eine meiner wichtigsten Erkenntnisse hierzu stammt von Steelcase. Wir sagen zwar, dass wir Zusammenarbeit fördern und innovativ sind. Vor der Pandemie gab es hier allerdings auch die typischen amerikanischen, ‚Cubicles‘ genannten, Kabinen zum Arbeiten und keine überzeugenden Räume für die Zusammenarbeit. Jetzt steht beim Design unserer Räume die Zusammenarbeit wirklich im Vordergrund und ist auch Teil unseres Markenversprechens. Wir sagen: „Okay, das ist unsere Zukunft und unsere Identität“. Wir verfolgen hier ehrgeizige Ziele, trotzdem gibt es bei uns in manchen Gebäuden immer noch Cubicles und das muss sich mit der Zeit ändern. Wir versuchen wirklich, unsere gesamten Räume unserem Markenversprechen entsprechend anzupassen.

TB: Was machen Sie, um Gemeinschaft am Arbeitsplatz zu fördern?

MR: Wir besitzen einen schönen, 20 Hektar großen Campus und machen uns deshalb viele Gedanken darüber, wie wir unsere Outdoor-Bereiche einsetzen können. Es gibt dort viele großartige grüne Orte, zum Beispiel unseren Japanischen Garten. Gleichzeitig ist die Anzahl der Sitzbereiche im Freien noch begrenzt. Wir möchten in Zukunft Food Trucks organisieren, damit die Mitarbeitenden dort ihr Mittagessen holen und sich mit ihren Kolleg*innen austauschen können. Vor kurzem haben wir in unserem größten Lunch-Raum ein Pilotprojekt durchgeführt. Es gibt dort weiterhin die üblichen Sitzplätze, aber jetzt auch Gemeinschaftsbereiche zur Zusammenarbeit mit Whiteboards und hohen Tischen. Unsere Räume sollen 100 Prozent der Zeit genutzt werden. Unser Lunchbereich ist deshalb jetzt auch ein Bereich, in dem man sich zu Besprechungen treffen kann. Momentan entsteht außerdem ein Raum zur Erholung, um psychischer Überlastung vorzubeugen oder einfach mal vom Bildschirm wegzukommen. Jetzt, wo das Wetter in Oregon besser wird, beschäftige ich mich vor allem mit den Gemeinschaftsbereichen im Freien.


Seit Mariah Robbins 2014 bei A-dec anfing, hatte sie verschiedene Rollen im Vertrieb und im Bereich Führungskräfteschulung inne. 2019 übernahm sie die Position als Vice President für Global People + Culture und wurde 2022 zur Vice President of People + Operations ernannt. Mariah hat einen B.A. in International Relations and Affairs, einen Masterabschluss in Adult and Continuing Education sowie Political Science und ist Doctor of Philosophy in Public Affairs & Policy.

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