Fallstudien

Raum für neue Lehrmethoden

Lehrer können im Rahmen eines innovativen Fortbildungsprogramms üben, wie man lehrt

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„Wir mussten unsere Komfortzone verlassen und unsere Art zu lehren neu bewerten. Ich hätte nie gedacht, dass ich eines Tages Sofas und Polstersessel in meinem Klassenzimmer toll finden würde. Aber nun freue ich mich über die Möglichkeiten, die sich daraus entwickeln“, berichtet Jaclyn Memes, Lehrerin für Wirtschaft und Finanzen an der Mentor High School in Mentor, Ohio.

Sie gibt einen Einblick in ein innovatives Fortbildungsprogramm, durch das neue Lehrmethoden vermittelt werden sollen, die besser auf die Bedürfnisse der mehr als 7 700 Schüler des öffentlichen Schulbezirks abgestimmt sind. Im Zuge des Transformationsprozesses, der gerade in Mentor im Gange ist, werden neue pädagogische Ansätze ausgetestet. Aber den Schulleitern war auch klar, dass dazu neue Räume, Möbel und Technologien notwendig sein würden, und dass die Lehrer davon profitieren würden, wenn sie diese neuen Ressourcen in der Praxis ausprobieren könnten. Als Konsequenz daraus entwickelte man in Mentor mit Hilfe eines staatlichen Zuschusses und durch eine enge Zusammenarbeit mit Steelcase einen ehrgeizigen Plan, wie man die Ausstattung erneuern könnte. Dies beinhaltete auch neu gestaltete Unterrichtsräume und ein neues Fortbildungszentrum.

Innerhalb der innovativ gestalteten Räume bringen die Lehrer neue Lernmethoden in die Klassenräume basierend auf aktiver Schülerbeteiligung und Projektarbeit.

In diesen Tagen sieht man kaum noch Lehrer, die vor der Klasse stehen und Unterricht halten. Stattdessen läuft der Lehrer umher und unterstützt die Schüler, die eigenständig ihre Aufgaben bearbeiten. Manche sitzen vielleicht auf Polstersesseln und sind an ihren Laptops in einen Aspekt der Finanzplanung vertieft. Andere stehen in kleinen Gruppen um ein Whiteboard herum, während sie ein Finanzierungskonzept für die Instandsetzung eines heruntergekommenen Gebäudes erarbeiten; Die Projekte sollen nah an der Lebenswirklichkeit der Schüler sein, ihre Problemlösungsfähigkeit stärken und nicht nur vorgefertigte Lösungen präsentieren.

Dieser Ansatz folgt der Devise des Schulbezirks: Die Schüler sollen heute bereits ihre Interessen entdecken, damit sie morgen ihr Potenzial entfalten können. „Wir versuchen die Art und Weise zu ändern, wie unsere Lehrer unterrichten und unsere Schüler lernen, damit sie darauf vorbereitet sind, was sie nach dem Gymnasium erwartet“, erklärt Mike Lynch, Leiter für Innovationen und Unterrichtstechnologie. „Wir wissen, dass man draußen in der Welt nicht mit Informationen gefüttert wird.

„Bildung besteht nicht mehr länger darin, die Fähigkeit der Kinder zu entwickeln, Inhalte zu verstehen und zu vergleichen“, fährt er fort. „Es geht vielmehr darum, wie gut sie mit anderen zusammenarbeiten und kommunizieren. Wie gut sie in kritischem Denken sind. Konnten sie früher ihre Kreativität ausleben?“

WO LEHRER ÜBEN, WIE MAN LEHRT

An die Mentor High School grenzt ein neues, rund 1500 m2 großes Fortbildungszentrum, das „Paradigma“ genannt wird. In diesem Multifunktionsgebäude können Lehrer, Mitarbeiter, Studierende und Gemeindemitglieder die Vorteile flexibel gestalteter Lern- und Arbeitsumgebungen selbst erfahren.

An jedem Tag sind dort 20-30 Lehrer aus dem Schulbezirk, um sich beruflich weiterzubilden und die neuen Strategien für aktives Lernen kennenzulernen. Die Lehrer arbeiten in den gleichen flexiblen Räumen und benutzen die gleichen Technologien, die auch in ihren Unterrichtsräumen zum Einsatz kommen. „Im Paradigma haben Lehrer die Zeit und Möglichkeit, gelernte Inhalte anzuwenden, sie sich zu eigen zu machen und auf kreative Weise in einem Raum umzusetzen, der sie durch seine Flexibilität unterstützt.

Außerdem dient das Paradigma als Arbeitsort für die Verwaltungsangestellten sowie als Treffpunkt für die Schulbehörde, Dachverbände, Fördervereine und andere mit dem Schulwesen in Verbindung stehende Gruppen. Es kann auch von anderen Schulbezirken für deren eigene Fortbildungsprogramme sowie von ortsansässigen Geschäftsleuten für größere und kleinere Treffen und Veranstaltungen genutzt werden. Die Räume können je nach Gruppengröße und -bedürfnissen durch Trennwände vergrößert oder verkleinert werden. Benachbarte Aufenthaltsräume bieten außerdem Platz für Einzelpersonen und kleine Gruppen.

NEU GESTALTETE UNTERRICHTSRÄUME: AUSWAHL, KOMFORT & FLEXIBILITÄT

Die Unterrichtsräume in allen 10 Schulen des Bezirks wurden erneuert. „Im Grunde wird jeder einzelne Raum erneuert, um aktives Lernen in den Mittelpunkt zu stellen“, erklärt Lynch.

Zunächst wurden 65 Klassenräume im Gymnasium renoviert, die Ergebnisse waren erstaunlich. Zuvor hatten die Kinderbeim Betreten der Klassenräume keine wirkliche Wahlmöglichkeit, wenn sie die Räume betraten; Rund 80-90% der Unterrichtsräume waren in Tischreihen angeordnet. „Wir wollten die Unterrichtsräume mit mindestens drei unterschiedlichen Sitzmöglichkeiten ausstatten, damit die Schüler die Wahl haben. Wer sagt denn, dass sich die Schüler beim Lernen nicht auch wohlfühlen können?“

Flexibilität war ein anderer wichtiger Punkt. Weiche Stühle, Sofas, Polstersessel sowie bewegliche Stühle und Tische sind nun Standard in den Klassenzimmern. In vielen gibt es kein festes Lehrerpult mehr. Stattdessen können die Lehrer in alle Bereiche des Raums zu den einzelnen Schülern oder Gruppen gehen, die gerade am Arbeiten sind. Whiteboards sind reichlich vorhanden und Lehrer und Schüler teilen Inhalte, die sie von ihren Laptops auf Bildschirme projizieren. Jedem Schüler und jedem Lehrer wird vom Schulbezirk ein Laptop zur Verfügung gestellt, den sie während des ganzen Schuljahrs benutzen können.

„Wir wollen erreichen, dass das Klassenzimmer den Lernprozess in vollem Umfang unterstützt“, betont Lynch. Dazu sei es notwendig, dass der Lehrer in der Lage ist, seine Klasse mit verschiedenen Aufgaben zu betrauen, anstatt dass alle Schüler zu selber Zeit die gleichen Dinge auf die gleiche Art und Weise machen. „Zum Beispiel befindet sich eine Gruppe an der Technologiestation und erarbeitet sich den Inhalt, den der Lehrer zuvor dort ausgehängt hat. Andere schauen sich ein Video zu dem Thema an. Parallel dazu kann der Lehrer persönlich mit kleinen Schülergruppen an anderen Stationen im Raum arbeiten.“

„Es gibt so viele Arten, Schüler dazu zu motivieren, sich zu bewegen, zusammenzuarbeiten und gründlich über eine Sache nachzudenken“, stimmt Tracy Coleman zu, eine Englischlehrerin. „Unsere Klassenzimmer laden nicht nur zur Zusammenarbeit ein, sondern verlangen auch von den Kindern, dass sie mit ihrem Gegenüber auf sehr natürliche Weise kommunizieren. Es müssen keine schweren Tische mehr verschoben werden. Die Kinder kommen herein und es ist sofort ein Zusammengehörigkeitsgefühl vorhanden. Sie handeln nicht nur als Einzelpersonen, sondern lernen voneinander und miteinander. Das Ergebnis ist ein wundervoller Mix aus Ideen und Sichtweisen. Selbst wenn die Schüler nicht einer Meinung sind, lernen sie, dass unterschiedliche Sichtweisen über ein bestimmtes Thema das eigene Verständnis vertiefen können.“

„Es ist eine Herausforderung für das Bildungssystem, Erfolg zu messen,“ bemerkt Lynch. „Wenn man mit Menschen zu tun hat, hat man immer auch mit vielen Variablen zu tun. Wir sind ein leistungsstarker Schulbezirk, aber staatliche Richtlinien sind nur eine Messgröße. Ich würde sagen, unseren Erfolg erkennt man am besten, wenn man sich einfach bei uns umschaut, beobachtet und mit den Leuten redet. Man sieht, dass sich Lehrer und Schüler durch die verschiedenen Möglichkeiten besser fühlen, gerne in den Räumen arbeiten und die Technologie im Schulbezirk zu ihrem Vorteil nutzen.

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