Michael Held, der neue Steelcase Vice President of Global Design
Michael hat vor kurzem das Global Design Studio von Steelcase übernommen und ist mit seiner Familie nach Grand Rapids, Michigan, gezogen. Er lebte bereits in sieben Ländern und hat die ganze Welt bereist. WB traf ihn kurz nach seiner Ankunft in den USA.
WB: Wie kam es, dass Sie sich dem Feld Design zugewandt haben?
MH: Ich bin in einer deutschen Kleinstadt aufgewachsen, die einem mittelalterlichen Museum ähnelt. Als ich 12 Jahre alt war, sind mein Bruder und ich in unser Kellergeschoss umgezogen. Da beschäftigte ich mich zum ersten Mal damit, was ich mit meinem eigenen Raum machen könnte. Ein paar Jahre später haben meine Eltern das Wohnzimmer umgestaltet und waren tatsächlichen an meinen Ideen interessiert. Sie schickten meine ersten, groben Entwürfe an einen Schreiner und so entstanden meine ersten Möbelstücke. Sie gefielen meinen Eltern und so kam es, dass ich auch das Arbeitszimmer für meinen Vater entwarf. Und meine Eltern nutzen diese Möbel heute noch. Ich habe auch Möbel für Freunde gebaut. Das waren sehr industriell wirkende Stücke – aus rohem, geschweißtem Stahl mit Kissen, die meine Mutter nähte. Ich wollte mehr über Design erfahren und betrachte es als Betätigungsfeld, um mehr zu lernen.
WB: Wie nähern Sie sich gestalterischen Herausforderungen?
MH: Mit Neugier und Kreativität. Ich stelle Fragen stellen, anstatt Gefallen an Antworten zu finden und ich weiß kreative Ideen zu schätzen. Es ist ein Privileg, einer Arbeit nachgehen zu dürfen, in der erwartet wird, dass man jeden Tag kreativ ist. Diesen Anspruch müssen wir damit in Einklang bringen, wofür wir unsere Design entwickeln. Und das sind unsere Kunden. Kreativität und Neugier sollten mit einem konkreten unternehmerischen Auftrag einhergehen. Man kann sich sein Leben lang mit verrückten Designideen befassen. Aber was nützt das, wenn es nichts mit dem zu tun hat, was die Menschen machen oder wie sie ihren Tag verbringen?
WB: Was machen Sie bei einer kreativen Blockade?
MH: Den Kopf frei kriegen. Mich mit etwas anderem beschäftigen. Andere um Hilfe bitten. Radfahren, gehen, wandern, klettern, etwas anfertigen oder bauen… Was auch immer dazu beiträgt, mich voll auf eine körperliche, repetitive Tätigkeit einzulassen und alles um mich herum zu vergessen, damit mein Gehirn ungestört arbeiten kann.
WB: Wie ist Ihr Standpunkt zu Nachhaltigkeit beim Design neuer Produkte?
MH: Wir sollten Produkte mit geringerem Gewicht und aus möglichst viel Recyclingmaterial oder recyclingfähigem Material herstellen. Und die Demontage sollte intuitiv sein. Meine Großmutter hat den 2. Weltkrieg erlebt. Sie lernte damals, mit weniger auszukommen. Und Dinge wiederzuverwerten. Als Kinder fanden wir das seltsam. Jetzt als Erwachsener sehe ich es mit anderen Augen. Wir sind in einer Ära des Überflusses aufgewachsen. Wenn mehr gebraucht wird, gibt es immer Nachschub. Jetzt merken wir, dass das Motto ‚weniger ist mehr‘ auch im Design gilt.
WB: Zeigt sich das auch in Ihrem eigenen Zuhause?
MH: Für unsere Lebensweise haben wir viel übernommen aus der Zeit, in der wir in Asien gelebt haben. Alles ist äußerst effizient. Das Layout ist smart. Es gibt nichts, dass nicht auch einen Zweck erfüllt.
WB: Was ist die größte Veränderung im Arbeitsplatzdesign, die Sie derzeit erkennen?
MH: Menschen können überall arbeiten. Das Büro wird eine andere Rolle annehmen als in den letzten 100 Jahren. Um kundenorientiert zu sein, müssen wir für unsere Kunden ermöglichen, dass sie überall arbeiten können. Ich finde das sehr spannend. Es ist eine andere Herausforderung als das, womit sich Steelcase üblicherweise beschäftigt. Die Arbeit verschwindet nicht. Aber sie verändert sich. Manche Menschen mögen gewohnte Abläufe. Andere wünschen sich Freiheit. All dies führt dazu, dass sich auch die Arbeitsumgebungen ändern. Ich beschäftige mich nicht damit, Bestehendes zu erhalten. Ich befasse mich mit Design und damit, wohin es in Zukunft geht.
WB: Welche Bereiche am Arbeitsplatz gefallen Ihnen am besten?
MH: Ich mag am liebsten die Projektbereiche mit den neuen Prototypen. Dort kann man sich am besten einbringen und dazulernen. Ich genieße es, wenn eine gute Barista Bar vorhanden ist, um guten Kaffee und Gebäck zu verzehren, Kolleg*innen und Kunden zu treffen und gleichzeitig Neues zu lernen. Und mir gefallen die neuen, vom Wohnbereich inspirierten Zonen für hybrides Arbeiten in unserem Learning + Innovation Center in Grand Rapids. Sie vereinen fortschrittliche Technologie und ansprechendes Ambiente.
WB: Wie hat es Sie beeinflusst, in verschiedenen Teilen der Welt gelebt zu haben?
MH: Meine Sichtweise ist viel vielfältiger, da ich auf eine Vielzahl an kulturellen Bezügen zurückgreifen und mehr Vergleiche anstellen kann. Ich bin bescheidener geworden und ermahne mich, keine voreiligen Schlüsse zu ziehen. Ich verstehe die Menschen ein wenig besser und bin empathischer geworden. Ich kann auf meine Erfahrungen zurückgreifen und damit anderen Menschen helfen, auch ihre Perspektive zu erweitern.
Letzte Worte
MH: Mich haben immer die Kreativen fasziniert, die auf ihrem Gebiet oder in der Gesellschaft ganz am Rand agieren, die Verrückten (und ihre Verbündeten), die uns mit neuen Ideen voranbringen und sich zu radikalen Ansätzen bekennen. Ich mochte es schon immer, Dinge ein wenig anders anzugehen als andere. Es war für mich in Ordnung, nicht dazuzugehören. Vielleicht ist gerade das der Grund, weshalb ich schon früh und wie zufällig meinen Weg ins Design fand.