Arbeiten 4.0 – Antworten auf die Herausforderungen einer sich verändernden Arbeitswelt
Unsere Arbeitswelt befindet sich in einem rasanten Wandel. Bereits heute resultieren daraus zahlreiche Herausforderungen, die sich künftig weiter verstärken werden und denen sich die Gesellschaft zusehends stellen muss. In dem Maße jedoch, in dem Fragen und Probleme sich mehren, bleiben explizite Antworten und Lösungsvorschläge bisher aus.
Aus diesem Grund veröffentlichte Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles kürzlich das „Grünbuch Arbeiten 4.0 – Arbeit weiter denken“. Mit Arbeiten 4.0 wird ein Blick in die Arbeitswelt von heute, von morgen und übermorgen geworfen. Dieses Grünbuch dient als Anstoß für einen Dialogprozess, indem es den Wandel analysiert und konkrete Leitfragen stellt. Ein Weißbuch soll bis Ende 2016 Antworten auf diese Leitfragen liefern und Gestaltungschancen für die Akteure der Arbeitswelt aufzeigen.
Steelcase, Spezialist für Büroeinrichtungen und Experte für innovative Raumlösungen, beschäftigt sich seit mehr als hundert Jahren mit der Zukunft der Arbeit. Durch umfassende Forschungsarbeit des eigenen Forschungsteams WorkSpace Futures sowie die Zusammenarbeit mit renommierten Partnern konnte das Unternehmen umfassende Erkenntnisse gewinnen und sich fundiertes Wissen aneignen. So ist Steelcase in der Lage, bereits heute Lösungen für viele der Herausforderungen aufzuzeigen, denen sich das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) in den kommenden Monaten widmen wird.
Der neue I.Q. – Wie hoch ist Deutschlands Innovations-Quotient?
In Zeiten globalisierter Märkte verschärft sich der weltweite Wettbewerb stetig.
Innovation spielt angesichts dieses Umstandes eine zentrale Rolle, wenn es darum geht, sich von Wettbewerbern abzuheben und den Unternehmenserfolg langfristig sicherzustellen. Dabei treffen, so die Verfasser des Grünbuchs, zwei unterschiedliche Innovationsmodelle aufeinander. Auf der einen Seite gebe es das Modell inkrementeller Innovationen – also kontinuierlicher Verbesserungen von Produkten und Prozessen – das beispielsweise in Deutschland sehr ausgeprägt sei. Auf der anderen Seite das Modell disruptiver Innovationen, bei dem radikale Neuerungen umgesetzt werden. Letzteres sei zum Beispiel für das Silicon Valley typisch.
Viele Unternehmen haben die Bedeutung von Innovationen bereits erkannt, unabhängig davon, welche Art davon sie nun verfolgen. „Firmen aller Branchen und Märkte kämpfen damit, Innovationen zu verstehen und suchen nach Wegen, unkonventionelles Denken voranzutreiben“, so Sara Armbruster, Vice President Steelcase WorkSpace Futures and Corporate Strategy. Dabei übersehen viele allerdings die Verbindung zwischen Raum und Innovation.
„Innovation hat mit körperlicher Aktivität zu tun und braucht Interaktion, Forschung und Experimentierfreudigkeit. Das bedeutet, dass Räume, in denen Menschen zusammenkommen, für die Innovationsergebnisse eine wesentliche Rolle spielen.“
James LudwigVice President Global Design Steelcase
Inspirierende Räume fördern Innovationen und tragen dazu bei, dass eine Kultur von Innovation im Unternehmen entsteht. Diese ist der Motor stetiger Innovationsfindung und daher grundsätzlich wichtig für den nachhaltigen Unternehmenserfolg. Mitarbeiter müssen das Gefühl haben, dass ihre Ideen willkommen sind, aufgegriffen und geschätzt werden. Raum kann dazu beitragen, wenn er eben jenes Gefühl transportiert. Letztlich geht es „bei der Unternehmenskultur […] um Verhaltensweisen und Räume, die helfen sollen, neues zu entwickeln“, so Sir Ken Robinson, international anerkannter Experte für Bildung, Kreativität und Innovation.
Inspirierende Räume fördern Innovationen und tragen dazu bei, dass eine Kultur von Innovation im Unternehmen entsteht. Diese ist der Motor stetiger Innovationsfindung und daher grundsätzlich wichtig für den nachhaltigen Unternehmenserfolg. Mitarbeiter müssen das Gefühl haben, dass ihre Ideen willkommen sind, aufgegriffen und geschätzt werden. Raum kann dazu beitragen, wenn er eben jenes Gefühl transportiert. Letztlich geht es „bei der Unternehmenskultur […] um Verhaltensweisen und Räume, die helfen sollen, neues zu entwickeln“, so Sir Ken Robinson, international anerkannter Experte für Bildung, Kreativität und Innovation.
EMOTIONALE BINDUNG
deutscher Arbeitnehmer an ihr Unternehmen
Quelle: Gallup
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Steelcase Forscher konnten anhand ihrer Ergebnisse fünf Grundsätze formulieren, die bei der Gestaltung innovationsfördernder Arbeitsumgebungen zu beachten sind:
- Innovationen folgen aus kreativer und effizienter Teamarbeit. Aus diesem Grund müssen Bereiche für Zusammenarbeit geschaffen werden, in denen sich Mitarbeiter austauschen, konzentriert arbeiten, aber auch einfach nur unbefangen unterhalten können. Oft entspringt der zündende Funke für Innovation informellem Austausch.
- Innovationsprozesse bedürfen technischer Unterstützung. Intuitiv nutzbare technologische Hilfsmittel, die den gleichberechtigten Zugang zu Informationen ermöglichen und das Teilen dieser vereinfachen, tragen dazu bei, den Innovationsprozess transparent zu gestalten und zu beschleunigen.
- Ungestörte Einzelarbeit und effiziente Teamarbeit. Auch wenn Zusammenarbeit den Kern eines Innovationsprozesses bildet, sind Bereiche mit ausreichender Privatsphäre von grundlegender Bedeutung, da sie Arbeitnehmern die Möglichkeit bieten, sich zurückzuziehen, intensiv nachzudenken und Ideen reifen zu lassen.
- Kreative Zusammenarbeit findet vor allem in kleinen Gruppen statt. Somit müssen Projektstudios in unterschiedlicher Größe vorhanden sein, die Teams und ihre Bedürfnisse unterstützen. Hier wird Wissen geteilt, gemeinsam entwickelt und zur Entstehung innovativer Ideen und Konzepte genutzt. Da Teams unterschiedlich arbeiten, sollten ihnen dabei verschiedene Möbelkonfigurationen, kreative Arbeitsmittel und technische Lösungen zur Auswahl stehen.
- Beseitigung ungleicher Präsenzen.Eine große Herausforderung global agierender Unternehmen wie Steelcase ist es, kooperierende Teams, die nicht am gleichen Standort arbeiten, zusammenzubringen. Distanz ist jedoch keine Barriere, vielmehr wächst die Vielfalt der Ideen durch Unterschiede innerhalb von Teams. Ziel ist also, Teams virtuell so zu vernetzen, dass „ungleiche Präsenzen“ bestmöglich beseitigt werden.
Vier Generationen im Büro – Wie meistern wir den demografischen Wandel?
Mit dem baldigen Ausscheiden der Babyboomer aus dem Arbeitsmarkt geht nicht nur Arbeitskraft, sondern vor allem ein enormer Wissensschatz verloren. Der demografische Wandel sorgt dafür, dass keine ausreichende Zahl an Fachkräften nachrückt, um die entstehende Lücke zu schließen. Das BMAS vertritt die Haltung, dass Unternehmen den steigenden Fachkräftebedarf nicht allein durch Rekrutierung von Nachwuchskräften decken können, sondern der Erhalt der kreativen und körperlichen Leistungsfähigkeit heutiger Mitarbeiter notwendig sei. „Bei älter werdenden Belegschaften gewinnt der Erhalt der Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit weiter an Bedeutung“, so im Grünbuch nachzulesen. Für die langfristige Leistungsfähigkeit von Unternehmen ist es also von großer Bedeutung, dass sie zum einen neue Talente finden und binden. Es ist jedoch mindestens genauso wichtig, das körperliche, kognitive und emotionale Wohlbefinden der Mitarbeiter zu fördern. Denn, so belegt eine aktuelle Steelcase-Studie(1), zufriedene Mitarbeiter sind engagierter und somit leistungsfähigfer.
„Zentrale Ziele für eine alters- und alternsgerechte Arbeit sind die Gestaltung guter und motivierender Arbeitsbedingungen […] sowie der Schutz und die Förderung der Gesundheit der Beschäftigten.“
Grünbuch, BMAS
talente gewinnen und halten
Der Gallup Engagement Index 2014 zeigt, dass in Deutschland nur 15 Prozent der Mitarbeiter eine hohe Bindung zu ihrem Arbeitgeber aufweisen. Die Mehrheit von 70 Prozent weißt eine geringe und weitere 15 Prozent gar keine emotionale Bindung zum Unternehmen auf. Gallup befasst sich unter anderem auch mit dem Kampf um Talente am deutschen Arbeitsmarkt. So suchen 19 Prozent der emotional ungebundenen Mitarbeiter aktiv nach einem neuen Arbeitgeber, weitere 23 Prozent schauen sich um, suchen aber nicht aktiv. Im Gegenzug stellen die Forscher fest, dass emotional hoch gebundene Mitarbeiter auch treuer sind. Steelcase Studien zeigen, dass eine direkte Korrelation zwischen der Zufriedenheit und dem Engagement der Mitarbeiter und dem Arbeitsplatz besteht. So sagen 98 Prozent der engagiertesten Mitarbeiter, dass sie ihren Arbeitsplatz mögen und ebenfalls 98 Prozent geben an, dass ihr Arbeitgeber zu ihnen und ihrem Lebensstil passt(2). Die Gestaltung von Arbeitsräumen sollte also im Kampf um Talente nicht außer Acht gelassen werden.
ein ökosystem interdependenter räume
Attraktive Arbeitsumgebungen bieten den Nutzern nicht nur das, was sie wollen, sondern vor allem das, was sie wirklich benötigen. Um eine Antwort auf die Frage nach den tatsächlichen Bedürfnissen zu erhalten, wurden von Steelcase mehr als 39.000 Arbeitskräfte einiger weltweit führender Unternehmen befragt3. Daraus konnte die Erkenntnis gezogen werden, dass es grundlegend wichtig ist, den Nutzern die Wahl und Kontrolle darüber zu ermöglichen, wo und wie sie arbeiten. So müssen Umgebungen die verschiedenen Arbeitsweisen sowie unterschiedliche Körperhaltungen, Präsenzformen und Ausprägungen von Privatsphäre unterstützen. Ist dies der Fall, entsteht ein Ökosystem vernetzter und interdependenter Räume, die das Engagement, die Motivation und das Wohlbefinden der Mitarbeiter fördern.
6 Faktoren, die das Wohlbefinden am Arbeitsplatz fördern:
- Optimismus – Kreativität und Innovation beflügeln.
- Achtsamkeit – Richtig bei der Sache sein.
- Authentizität – Man selbst sein.
- Zugehörigkeit – Mit anderen verbunden sein.
- Bedeutsamkeit – Sinnhaftes tun.
- Vitalität – Zu Bewegung und Interaktion anregen.
wohlbefinden fördern
Die Ergebnisse einer aktuellen Steelcase- Studie4 zeigen: Das physische und psychische Wohlbefinden der Mitarbeiter am Arbeitsplatz ist eng mit deren Arbeitsumgebung verknüpft. Sie kann das körperliche, kognitive und emotionale Wohlbefinden der Angestellten positiv oder negativ beeinflussen. Und dies wiederrum hat unmittelbaren Einfluss auf die Produktivität der Mitarbeiter. Das Steelcase WorkSpace Futures Team hat zudem sechs Schlüsseldimensionen für die Raumgestaltung identifiziert, die zum Wohlbefinden am Arbeitsplatz beitragen. Werden Arbeitsumgebungen entsprechend dieser Dimensionen gestaltet, sodass sie die Bedürfnisse der Mitarbeiter optimal erfüllen, lässt sich deren Wohlbefinden erheblich fördern. Ziel muss eben jenes Ökosystem interdependenter Räume sein, mit dem sich durch motivierende Arbeitsbedingungen und der Förderung der Gesundheit der Beschäftigten, alters- und alternsgerechte Arbeit realisieren lässt – genauso, wie es das BMAS fordert.
Internationalisierung und Identifikation – schließt sich das aus?
Während sich Produkte und Prozesse kontinuierlich verbessern müssen, nimmt die globale Verflechtung der Wirtschaftsräume, der weltweite Wettbewerb, die internationale Arbeitsteilung und damit auch die Komplexität immer mehr zu. Technischer Fortschritt, vor allem im Bereich der Transport- und Kommunikationstechnologien, treibt diese Entwicklung weiter voran. Das BMAS stellt hierzu fest, dass wir „die Arbeit der Zukunft […] längst nicht mehr nur national denken [können]“. „Wir sind eng eingebunden in die globale Arbeitsteilung“, so das Grünbuch und fordert gleichzeitig, „wirtschaftliche[n] Chancen der Globalisierung zu nutzen und neue Absatzmärkte zu erschließen“. Mit Arbeiten 4.0 – das heißt vernetzter, digitaler und flexibler arbeiten – erfährt die deutsche Arbeitswelt einen grundlegenden kulturellen Wandel, so das Grünbuch.
Unternehmen sind in diesem Zusammenhang mit zwei entscheidenden Herausforderungen konfrontiert: Zum einen bringt der digitale Wandel weit entfernte Personen in räumlich getrennten Teams miteinander in Kontakt, oftmals über Ländergrenzen hinweg. Diese Faktoren erschweren das gemeinsame Erleben und Lösen von Problemen sowie die Artikulation und Durchsetzung kollektiver Interessen, so das BMAS.
Zum anderen ermöglicht die digitale Arbeit zwar Arbeitsmodelle wie die Telearbeit oder neue Arbeitsformen wie das Crowdworking. Dies und die räumliche Trennung haben aber zur Folge, dass sich Mitarbeiter immer weniger mit dem Unternehmen, in dem sie arbeiten, identifizieren. Das BMAS stellt hierzu die Frage, welchen Bezug Mitarbeiter in solchen Teams noch zu ihren Unternehmen haben, inwiefern sie selbst mitwirken und mitbestimmen können und inwieweit sie angesichts der zunehmenden Internationalität noch Unterstützung von den Kollegen erfahren.
„PRESENCE DISPARITY“ – DISTANZEN ÜBERWINDEN
Diese Art der Zusammenarbeit verändert die Teamarbeit heute erheblich. Termine vereinbaren und Meeting-Räume buchen – die räumliche Distanz erschwert bereits grundlegende Koordinations- und Kommunikationsmechanismen zwischen Teammitgliedern. Die Teams sind mit neuen Anforderungen konfrontiert, über Distanzen hinweg mit Kollegen an unterschiedlichen Standorten, ja sogar aus anderen Zeitzonen effektiv zusammenzuarbeiten und Projekte erfolgreich umzusetzen. Teams sind oftmals interdisziplinär, interkulturell und ortsübergreifend aufgebaut. Teammitglieder lernen sich möglicherweise nicht persönlich kennen oder sprechen nicht die gleiche Sprache. Darunter leidet das Vertrauen zwischen den Teamkollegen, was sich sonst im persönlichen Kontakt einstellt. Auch kulturelle Unterschiede können zu erschwerter Kommunikation führen. All diese Faktoren lassen sich unter dem Begriff „ungleiche Präsenz“ zusammenfassen.
Die räumliche Distanz erschwert bereits grundlegende Koordinationsund Kommunikationsmechanismen zwischen Teammitgliedern.
Damit Unternehmen die besten Talente über Ländergrenzen hinweg zusammen- bringen, deren Leistungsfähigkeit verbessern und so das gesamte Potenzial des Unternehmens ausschöpfen können, bedarf es leistungsfähiger Kommunikationstechnologien und innovativer Konzepte für eine effektive Vernetzung. Forscher von Steelcase haben räumlich getrennt arbeitende Teams untersucht und herausgefunden, dass eines ihrer Hauptprobleme die „ungleiche Präsenz“ ist.
„Unternehmen haben diesbezüglich erkannt, dass das Potenzial von Videokonferenzen unzählige Probleme räumlich getrennter Teams lösen kann. Gemeinsam in einem virtuellen Raum arbeitende Teams können in Bezug auf kreative Problemlösungsstrategien, Aufgabenkoordinierung, Auswertungen und Lernprozesse bemerkenswerte Resultate erzielen“, sagt Patricia Kammer, eine Steelcase-Forscherin, die globalisierte Teams untersucht. Angesichts des stetig wachsenden Bedarfs werden Videokonferenz- und Telepräsenzsysteme in Unternehmen so intensiv genutzt wie noch nie. Weil diese großen Lösungen erhebliche Auswirkungen auf die Arbeitsumgebung haben, sollten Unternehmen verstehen, wie sich diese Technik in ihren Räumen optimal nutzen lässt.
IDENTIFIKATIONSVERLUST MIT DEM UNTERNEHMEN
Im Zuge der Auflösung der physischen Bindungen an den Arbeitsplatz und Arbeitgeber hat ein gravierender Wertewandel stattgefunden: Während die Unternehmen in den letzten zwei Jahrzehnten rationalisiert, fusioniert und reorganisiert haben, wurde das traditionelle Verhältnis zwischen Arbeitgebern und Mitarbeitern komplett über Bord geworfen. Eine neue Generation von Arbeitskräften drängte in den Markt, die keinerlei Vorstellung mehr davon hat, was „Unternehmenstreue” einmal bedeutet hat. Kurzum: Die Identifikation mit dem Unternehmen geht immer mehr verloren. Dabei ist es für jedes Unternehmen von elementarer Bedeutung, talentierte Mitarbeiter anzuwerben und langfristig an sich zu binden.
IDENTIFIKATION, ARBEITSUMGEBUNG UND UNTERNEHMENSKULTUR
Die schwindende Identifikation mit dem Unternehmen sowie die immer seltener werdenden direkten Kontakte mit den Kollegen sind zwei Schlüsselfaktoren, die das Engagement der Mitarbeiter negativ beeinflussen. So hat die Gallup- Studie zum Arbeitsengagement 2014 herausgefunden, dass es dem Engagement förderlich ist, wenn der Mitarbeiter einen guten Freund am Arbeitsplatz hat. Networking, private Kontakte mit Kollegen bis zu hin zum Aufbau von Freundschaften und gelebte Solidarität sind also entscheidende Voraussetzungen für das Wohlbefinden der Mitarbeiter am Arbeitsplatz und deren daraus resultierende Engagement.
Aus dieser Erkenntnis können für die Raumgestaltung folgende Handlungsempfehlungen abgeleitet werden:
- Mitarbeiter müssen informelle Bereiche vorfinden, in denen sie sich austauschen, sich auf privater Ebene kennenlernen und netzwerken können. Ein WorkCafé kann so ein Raum sein – also eine Cafeteria, die gleichzeitig Arbeits- oder Meetingraum ist.
- Mitarbeiter müssen für ihre vielfältigen Aufgaben die richtige Arbeitsumgebung nutzen können – ein Raum für konzentriertes Arbeiten, ein Bereich für konstruktive Teamarbeit oder vielleicht auch ein Steh-Arbeitsplatz für mehr Aktivität.
- Videokonferenzsysteme helfen räumlich getrennt arbeitenden Teams, trotz der Distanz eine persönliche Beziehung aufzubauen. Dabei ist es wichtig, dass sich alle Teilnehmer gut sehen und hören können, aber gleichzeitig die präsentierten Inhalte im Blick haben. Die Arbeitsumgebung sollte dabei möglichst viel Bewegungsfreiheit bieten – das hält die Teams aktiv und motiviert.
Neurowissenschaften im Büro – Steigende Ansprüche an unser Gehirn durch wachsende Komplexität
204
Millionen E-Mails weltweit pro Minute.
Quelle: Mashable
8
Windows-Fenster sind im Durchschnitt an einem Arbeitscomputer gleichzeitig
geöffnet
Quelle: “The Overflowing Brain”,
Torkel Klingberg
3/23
Alle drei Minuten wird ein Büromitarbeiter im Durchschnitt unterbrochen oder abgelenkt – und 23 Minuten braucht er, um sich nach einer Unterbrechung wieder ganz der ursprünglichen Aufgabe zu widmen.
Quelle: University of California, Irvine
Heutzutage sind Menschen von der Flut an Informationen, die jeden Tag auf sie einströmen, überwältigt. Arbeitnehmer bearbeiten die zunehmende E-Mail-Flut, versuchen mit der steigenden Komplexität zurecht zu kommen, sind durch das Klingeln ihrer zahlreichen technologischen Geräte abgelenkt und haben oftmals das Gefühl den steigenden Anforderungen trotz aller Anstrengungen nicht gerecht werden zu können. Das Grünbuch geht auf diese Entwicklung ein und stellt die Frage, „inwieweit Multitasking und Informationsüberfluss oder auch eine genaue Messung, Taktung und Überwachung einzelner Arbeitsschritte zu einer verdichteten Arbeit führen“. Außerdem müssen Möglichkeiten gefunden werden, „Arbeit so zu organisieren, Anforderungen zu definieren und Informationsflüsse zu lenken, dass sie gut bewältigt werden können und zudem der notwendige Freiraum zur Entwicklung von Neuem erhalten bleibt“. Hinzu kommt, dass in vielen Unternehmen inzwischen von den Beschäftigten erwartet wird, dass sie auch unternehmerisch denken und handeln, so das Grünbuch. Die steigende Verantwortung bei gleichbleibender Arbeitszeit stellt viele Arbeitnehmer vor beinahe unlösbare Herausforderungen.
Sie versuchen mit mehr Stunden im Büro mehr Arbeit zu erledigen, Pausen werden ausgelassen und viele Dinge gleichzeitig erledigt.
Forscher im Steelcase WorkSpace Futures Team haben sich eingehend mit diesen Veränderungen in der Arbeitswelt beschäftigt. Eine Metaanalyse, für die sich die Forscher zahlreiche Studien und Bücher namhafter Neurowissenschaftler erarbeiteten, sowie eigene Studien rund um die Arbeitswelt lieferten Erkenntnisse darüber, wo die natürlichen Grenzen des menschlichen Gehirns liegen. In der Folge erforschten sie, wie z. B. Verhaltensänderungen, aber auch der Arbeitsraum helfen kann, Aufmerksamkeit aktiv zu steuern. Ein bekanntes Sprichwort beschreibt die Situation in wenigen Worten: „Eine Fülle von Informationen schafft eine Armut an Aufmerksamkeit“. Die Lösung ist, sich mit dem Gehirn und seinen natürlichen Grenzen auseinanderzusetzen, um so Strategien und Arbeitsräume zu entwickeln, die Arbeitnehmern helfen produktiver und gesünder zu arbeiten.
ERKENNTNISSE AUS DER NEUROLOGIE
So stellte der renommierte Psychiater und Autor Edward M. Hallowell ein Phänomen fest, das er „Aufmerksamkeits- Defizit“ nannte. Es ist eine direkte Folge davon, dass das menschliche Gehirn noch nie zuvor in der Geschichte so viele Daten zu verarbeiten hatte wie heute, so Hallowell. Das Organ ist überlastet und schaltet in gewisser Weise von selbst in den „Energiespar“-Modus, indem es Ablenkung und Unterbrechung von komplizierten Aufgaben sucht. Beatriz Arantes, Steelcase Senior Researcher und Psychologin, erklärt: „Unser Gehirn arbeitet in Zyklen von hoher Aktivität und Entspannung. Dabei bewegt es sich in einem Rhythmus aus Aktivität und Regeneration.“
Das Grünbuch stellt Zweifel an, ob Multitasking eine Lösung zur Bewältigung der Aufgaben und Informationsflüsse ist. Forscher haben hier das Gegenteil herausgefunden: Im Labor für Gehirn, Kognition und Aktion der Universität von Michigan wurde nachgewiesen, dass Multitasking eigentlich ein schnelles Hinund Herwechseln von Aufmerksamkeit ist. Mit einer Ausnahme: wenn die ausgeführten Aktivitäten unterschiedliche Bereiche des Gehirns ansprechen, also zum Beispiel Gehen und Telefonieren. Die Beanspruchung gleicher Bereiche führt dagegen zu mehr oder weniger gravierenden Fehlern, wie einem Tippfehler in einer E-Mail oder einem Unfall, der durch Unaufmerksamkeit am Steuer verursacht wurde.
Forscher aus verschiedenen Disziplinen sind sich einig, dass vor allem ein „Werkzeug“ die Lösung für die Herausforderungen der heutigen, überinformierten Arbeitswelt sein kann: Achtsamkeit. So hat zum Beispiel eine Studie mit buddhistischen Mönchen deren besondere Fähigkeit zur gesteuerten, absoluten Fokussierung und Konzentration nachgewiesen – als Resultat konsequenter Meditation. Unternehmen aus dem Silicon Valley, wie Google, leben diesen Ansatz bereits in ihren Arbeitsweisen und der Gestaltung ihrer Büroräume. Doch in den meisten Unternehmen hat sich diese Erkenntnis noch nicht durchgesetzt.
Als Experte für Raumlösungen haben Steelcase Designer in Zusammenarbeit mit dem Forschungsteam an Konzepten gearbeitet, die Arbeitnehmern helfen, ihre Aufmerksamkeit besser zu steuern und ungewünschte Ablenkung zu reduzieren.
Es ist nicht möglich, acht Stunden voller Konzentration zu verbringen.
Vielmehr durchläuft jeder die oben genannten Haupttätigkeiten und benötigt entsprechende Umgebungen, die diese jeweils unterstützen. Konzentration, Aktivierung und Erholung müssen bewusst gemacht und kontrolliert werden, um effektiv arbeiten zu können. Dabei kann Raum helfen.
Tägliche Haupttätigkeiten am Arbeitsplatz:
- Konzentration: Für die volle Konzentration auf eine Aufgabe ist es unbedingt notwendig, alle ungewünschten Ablenkungen zu vermeiden. Sei es das Telefon, das E-Mail-Postfach oder fragende Kollegen. Im Büro sollten solche Rückzugsmöglichkeiten geschaffen werden, um Mitarbeitern fokussiertes Arbeiten zu erleichtern.
- Regeneration und Inspiration: Ebenso wichtig wie fokussiertes Arbeiten ist die geplante Ablenkung. Die Neurowissenschaft hat in verschiedenen Studien belegt, dass tatsächlich der beste Weg für die Lösung eines Problems zunächst vom Problem wegführt. Das Sprichwort „vor lauter Bäumen den Wald nicht sehen“ hat also durchaus einen wissenschaftlichen Hintergrund. Für eine planvolle Ablenkung reicht bereits eine Café-Ecke oder eine gemütliche Sitzgruppe aus.
- Aktivierung: Wenn das Hirn aktiv werden soll, muss der ganze Körper bewegt werden. So hat die Neurologie bestätigt, dass Bewegung nicht nur – wie hinlänglich bekannt – positive physische und emotionale Auswirkungen hat. Auch die Durchblutung und damit Funktionsweise des Gehirns wird damit verbessert. Dazu beitragen können zum Beispiel höhenverstellbare Tische, aber auch der Wechsel zwischen verschiedenen Arbeitsplätzen für unterschiedliche Tätigkeiten.
AUSBLICK
Das Grünbuch der Arbeitsgruppe „Arbeiten 4.0“ hat einige Herausforderungen aufgezeigt, die sich aus den Veränderungen in unserer Umwelt und Arbeitswelt ergeben. Besonders im Fokus stehen die Themen Unternehmenskultur und Teilhabe, Effizienz und Arbeitsorganisation, demografischer Wandel, Identifikation mit dem Unternehmen, Komplexität und Flexibilität. Für einen Teil dieser Leitfragen wurden hiermit auf der Basis von Wissenschaft und Forschung Antworten entwickelt. Es gilt jetzt, diese Ansätze in die Praxis umzusetzen.
QUELLEN
(1) Ipsos und Steelcase.
„Wellbeing“-Studie. (2014).
(2) Ipsos und Steelcase.
„Wellbeing“-Studie. (2014).
(3) Steelcase. „Workplace Surveys“.
(4) Ipsos und Steelcase.
„Wellbeing“-Studie. (2014).